Hallo zusammen,
ich habe es gewagt mir ein paar Gedanken zum Thema MMORPGs und denn immer wiederkehrenden Auffälligkeiten in eben jenen zu machen. Ausschlaggebend dafür war die Aussage eines Boardusers über ein neues Spiel, in dem es möglich sei bis Level 200 zu kommen. Eben diese Tatsache soll für langanhaltenden Spielspaß sorgen. Aber ist es denn wirklich so simpel? Eine gute Grafik, eine ellenlange Levelorgie und fertig? Fast wollte ich den Gedanken lächelnd fortwischend wäre diese Aussage nicht weiterhin im Raum gestanden und würde nicht ein Großteil der derzeitigen (und erfolgreichen) MMORPGs auf genau diese Aspekte zurückgreifen.
Eine zeitlang habe ich Lineage2 gespielt. Ein Spiel, in dem es 60 (inwischen 80?) Level gibt, und wo das leveln und Itemsammeln sehr, sehr zeitaufwendig war. Ein echter Graus! Das Spiel kommt übrigens aus den östlichen Gefilden und erstaunlicherweise weisen die meisten Spiele dort diese Aspekte auf.
Dabei werden genau zwei Triebe angesprochen. Zum einen der Sammeltrieb, der durch möglichst zahlreiche Gegenstände ausgelöst wird. Dabei wird es immer schwerer sie zu erhalten, je besser sie sind (Chance auf Drop der "Avadon Breastplate" bei Lineage2=0.003333%). So kommt es zu regelrechten Killorgien um bestimmte Gegenstände zu erhalten. Fast könnte man meinen das sei langweilig. Weit gefehlt! Denn zumeist werden diese Dinge benötigt um den zweiten Trieb anzusprechen. Den "Ich-bin-besser-als-du"-Trieb. Wo viele Menschen zugegen sind entsteht der Wettbewerb automatisch. Letztendlich ist es ja auch viel fordernder gegen intelligente Spieler anzutreten statt gegen die (ewig gleichen) Monster NPCs. Hierdrin besteht dann auch zumeist der finale Sinn all der Mühen und der Plackerei. Einen Charakter "auszumaxen", damit er stark genug ist jeden anderen in Grund und Boden zu stampfen. Und da sind die Systeme gnadenlos. Wo der Unterschied zwischen einem oder zwei Level noch nicht sonderlich gross ausfällt, sind grössere Differenzen absolut tödlich. Da kann der Highlevel dumm wie Bohnenstroh sein, er pustet seinen Gegner locker aus den Latschen und freut sich, denn in dem Moment ist sein "Ich-bin-besser-als-du"-Trieb zur Erfüllung gekommen. Temporär natürlich.
Aber zurück zum Thema: Ich stellte mir also die Frage:"Was vermag mich wirklich an ein Spiel zu binden?" Sind es in der Tat die endlosen Levelanzahlen, die mich dazu zwingen tage-, wochen-, gar monatelang gegen Monsterhorden anzurennen? Ist es das Glücksgefühl nach 1000 erschlagenen Monsterratten endlich ein magisches Kurzschwert zu finden? Oder ist es das Hochgefühl einem anderen Mitspieler überlegen zu sein, auch wenn er 10 Stufen unter mir war und ich demnach doch eigentlich wissen sollte, dass das keine allzugrosse Leistung war.
Oder gibt es da etwa noch mehr? Irgendein Internetsoziologe könnte aus seiner dunklen Ecke noch rufen:"Die Mitspieler!" Aber ne, die hab ich anderswo auch. Das ist nun wirklich kein Kaufgrund mehr. Zumindest habe ich noch von niemandem gehört, der sich ein Spiel kauft weil die Community so toll sein soll. Das ist albern, vergessen wir das. Zumal ein Grossteil der Mitspieler egal welchen Spieles ja eh aus "N00bs" besteht (ich natürlich nicht!). Das ist es also auch nicht.
Im Grunde kann ich mich überschlagen wie ich will, mehr als die gängigen Aspekte fallen mir nicht mehr ein. Egal ob das Spieluniversum jetzt Orks und Menschen oder Jedis und Ewoks beinhaltet, das Prinzip dahinter ist doch nahezu identisch. Dennoch sind wir fest davon überzeugt, dass unser Spiel das bessere ist und sogleich fallen uns auch 100 Gründe ein, die ausgerechnet mein Spiel positiv hervorheben und alle anderen in die absolute Nichtigkeit verbannen.
Um zum Abschluss zu kommen also die finale Frage:"Ist der heutige Spieler tatsächlich so anspruchslos geworden?" Die Antwort darauf ist gleichsam ehrlich wie traurig:"Ja, ist er." Inovation wird sogleich zu Gunsten der Masse in einer Spielerstampede niedergetrampelt. Oh mein Gott, wie kann "man" nur sowas spielen? In meinem Spiel kommt man bis Level 100000! Ist das nicht toll? Dafür brauch man aber dann auch 300 Jahre intensives Monstermosching. Eine richtige Familienaufgabe sozusagen, die vom Vater an den Sohn weitergegeben wird. Und da sag nochmal einer der PC würde einsam und ungesellig machen!
Oke oke, ich übertreibe. Natürlich übertreibe ich. Solche Aussagen müssen ein wenig überspitzt dargebracht werden, sonst werden sie noch falsch verstanden und das wollen wir ja nicht.
Letztendlich siegt stets der Spielspaß und auch wenn ich es nicht mehr nachzuvollziehen vermag, wie eben jener bei stets dem selben Konzept noch aufrecht erhalten werden kann muss ich doch den Umstand aktzeptieren, dass es eben so ist (sofern man den Aussagen der betreffenden Spieler glauben schenken mag). Vieleicht liegt es auch an mir, dass mir die Dutzendware nicht schmeckt, vieleicht bin ich anders (ich nenne es mal provokant "anspruchsvoll"). Es ändert jedenfalls nichts daran, dass ich weiterhin schwanke ob ich nun Mitleid für meine mitspielenden Menschen empfinden soll, weil sie sich so schnell zufrieden geben, oder ob ich mich für sie freuen soll, haben sie doch zumindest ihr Spieleheil gefunden. Derweil versuch ich es mit der zweiten Methode. Leben und leben lassen. Den Post konnte ich mir dennoch nicht verkneifen. Man möge es mir verzeihen.
DSv Calaban
P.S. Für all jene die den Sinn des Postes missverstehen (über den genauen Sinn bin ich mir zu dieser Stunde selbst noch nicht im klaren), es handelt sich zumindest definitiv nicht um irgendeine Kritik gegenüber eines gewissen Spieles, sei es nun WoW (weil derzeit präsent), sei es Lineage2 (weil im Post erwähnt) oder irgendein anderes gängiges Spiel. Ich habe versuch ein klein wenig tiefer zu schürfen als dass ich mich mit einer bestimmten Spielgruppe anlegen würde (ich nehm sie einfach alle!). Daher bitte keine Morddrohungen oder Gegenflames. Das wäre zuviel des Guten.